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Pressemitteilung der BI Dragoneranger: Lernkurve gleich null

Stadt ignoriert Diskussionsstand

Fast ein halbes Jahr ist vergangen, seit der Göttinger Stadtrat zuletzt über die Zukunft des Dragonerangers debattiert hat. Nun steht am kommenden Donnerstag, den 07.10.2021, das Reizthema auf der Tagesordnung des Bauausschusses. Die aktuelle Beschlussvorlage der Verwaltung sieht nun vor, dass die Fläche nicht in den Landschaftsschutz zurückgeführt wird und die Verwaltung die mögliche Realisierung großflächiger Agro-Photovoltaik-Anlagen recherchiert. 

Die Bürgerinitiative (BI) Dragoneranger, die sich seit über einem Jahr erfolgreich für den Erhalt des Dragonerangers als Naturfläche einsetzt, kommentiert die Vorlage und deren Begründung wie folgt:

„Die Beschlussvorlage der Verwaltung ist eine Farce. Bisherige Kernforderungen und Ideen wurden weitestgehend ignoriert. Für ein breites Beteiligungsformat, bisher Konsens, stünden nun seitens der Verwaltung keine Ressourcen zur Verfügung. Hier wird der Stand der politischen Debatte komplett ausgeblendet. Dabei ist es ja der neuen Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) nach eigenen Worten ein wichtiges Anliegen, die Zukunft des Dragonerangers in einer breiten Bürgerbeteiligung zu erörtern“, stellt BI-Mitbegründerin Dorothea Meldau irritiert fest.

„Die Zukunftsformel für den Dragoneranger ist eigentlich ganz simpel. Drei Dinge müssen passieren: Aufhebung des aktuellen Bebauungsplans, Rückführung in den Landschaftsschutz und ein breites Beteiligungsformat. Wer die bisherige Diskussion tatsächlich ernst nimmt, der kann nur zu diesem Schluss kommen und die Vorlage ablehnen,“ so Dirk-Claas Ulrich, Co-Sprecher der Initiative. „Dass das Thema erst nach den Kommunalwahlen und vor der Neukonstituierung des Rates wieder auf der Tagesordnung steht, das lassen wir unkommentiert. Aber der klima- und stadtentwicklungspolitische Auftrag für Weende und Göttingen sollte mit Blick auf die Ergebnisse für den jetzigen Rat und vor allem die zukünftige Oberbürgermeisterin klar sein. Sie müssen im Sinne der Bürger*innen liefern,“ unterstreicht Ulrich.

 


Hintergründe und Details sowie Einschätzungen zur Beschlussvorlage bzw. -begründung:

Zur Diskussion und Abstimmung steht eine Beschlussvorlage der Verwaltung, die die zukünftige Nutzung der ca. 15 ha großen Ackerfläche im Göttinger Norden klären soll. Dem vorausgegangen waren ein Antrag der Grünen, der in die Stadtratssitzung am 16.04.2021 eingebracht wurde, als auch ein Änderungsantrag der SPD-Fraktion. Während die Grüne Stadtratsfraktion konsequent eine Rückführung des Areals in den Landschaftsschutz plus eine Aufwertung auf Basis eines Bürgerdialoges fordert, möchte die SPD ebenfalls einen solchen Dialog anstoßen, den jetzigen Nutzungsstatus „Gewerbe- und Industriegebiet“ dabei jedoch beibehalten, um keine Nutzungsform von vornherein auszuklammern.

Die Begründung der Verwaltung, dass wegen mangelnder Schutzwürdigkeit die Fläche nicht wieder ins Landschaftsschutzgebiet (LSG) aufgenommen werden könne, entbehrt jedweder Logik. Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, unterliegt die Fläche der fortwährend gleichen intensiven ackerbaulichen Nutzung. Daran hat die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans 2017 nichts geändert. Im Gegenteil: Durch die gegenwärtige Renaturierung der Leine auf Höhe des Dragonerangers wird der Naherholungswert des Gebietes massiv gesteigert; Tausende zusätzliche neue Bürger*innen auf dem Holtenser Berg und in Weende West werden zukünftig die Aue zur Erholung aufsuchen. Daher kann auch eine – bisher von niemanden geforderte – „großflächige“ Agro-Photovoltaik-Anlage (APV-Anlage) nicht die Lösung sein, zumal diese Art der regenerativen Stromerzeugung bisher nur kleinflächig wirtschaftlich darstellbar ist, wie die Verwaltung in ihrer Begründung an anderer Stelle selbst schreibt.

Zudem kann aus der Verwaltungsvorlage geschlossen werden, dass der Dragoneranger, um die Ziele des Klimaplans 2030 zu erreichen, für die Errichtung herkömmlicher Photovoltaik (PV) im großen Stil (Solarpark) genutzt werden könnte. Die Installation konventioneller PV lehnt die BI Dragoneranger kategorisch ab. Diese Idee ist nicht auf Höhe der derzeitigen Fachdiskussionen, da sie die Flächenkonkurrenz nicht entschärft, sondern eklatant verschärft und so die Kernforderung, den besonders fruchtbaren Boden zu schützen, konterkariert. Vielmehr muss die Stadt Göttingen bereits versiegelte oder qualitativ minderwertigere Flächen für PV nutzen.

Im Rahmen eines wohlaustarierten Gesamtkonzeptes ist die Errichtung einer APV-Anlage auf einer kleinen Teilfläche des Dragonerangers als Forschungsprojekt gegebenenfalls vorstellbar. Dem stünde auch das Siegel „Landschaftsschutzgebiet“ nicht im Weg. Denn richtig ist, dass hierzu die Landschaftsschutzverordnung Leinetal durch die untere Naturschutzbehörde nach Maßgabe des § 53 Abs. NNatG Befreiung angepasst werden müsste. Dies ist lokal also möglich und zeigt: „Wo ein Wille, da ist auch ein Weg“.

 

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