In der letzten Bauausschusssitzung der ablaufenden Ratsperiode wurde am Donnerstag, den 07.10.21, auch über die Zukunft des Dragonerangers debattiert. Die Beschlussvorlage sah vor, dass die Fläche nicht in den Landschaftsschutz zurückgeführt wird und die Verwaltung eine mögliche Realisierung großflächiger Agro-Photovoltaik-Anlagen recherchiert.
Die Mitglieder des Bauausschusses erteilten der Verwaltungsvorlage eine deutliche Absage.
Rolf Becker (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte den Vorschlag der Stadtverwaltung nachdrücklich und stellte sich somit hinter die Forderungen der BI (siehe Pressemitteilung vom 06.10.21). U.a. hatte er wenig Verständnis dafür, dass das von SPD und Grünen geforderte breite Beteiligungsformat wegrationalisiert wurde.
In der Diskussion deutete sich an, dass der Unterschied zwischen herkömmlicher Photovoltaik (z.B. in Form von Solarparks) und Agro-Photovoltaik (hoch aufgeständerte PV-Module unter denen weiterhin Landwirtschaft betrieben werden kann) vielen nicht bekannt ist und hier noch Aufklärungsarbeit geleistet werden muss.
Auch die anderen Parteien zeigten Unverständnis gegenüber der von der Verwaltung vorgestellten Beschlussvorlage, wenn teils auch aus anderen Beweggründen. So unterstrich Olaf Feuerstein (CDU), dass er und seine Partei in den letzten Monaten viel dazugelernt hätten. Vom Betonmischwerk und Industriegebiet habe er sich längt verabschiedet. Er möchte, dass die Zuwegung zur Leineaue attraktiv gestaltet wird und ein direkter Zugang zur Leine auf Höhe der Unterführung Reinhard-Rube-Straße hergestellt wird. Jedoch wünschte sich Feuerstein wörtlich nach wie vor „in einer kleinen Ecke milde Gewerbeeinheiten mit starker Durchgrünung, z.B. Start-ups (Uni-Ausgründungen).“ Auch Hans Otto Arnold, CDU und scheidender Vorsitzender des Bauausschusses, wandte sich an die anwesenden BI-Mitglieder, ihre Forderungen nochmal zu überdenken. Ein Gewerbegebiet würde die Naherholungsqualität an der Leine sogar steigern, weil die hohen Gebäude den Lärm der B3 filtern würden. Den neu entstehenden Verkehrslärm kalkulierte er dabei anscheinend nicht mit ein.
Francisco Welter-Schultes (Piratenpartei) gab zu bedenken, dass es nicht möglich sei, im Bebauungsplan „grünes Gewerbe“ festzulegen. Wird z.B. die Fläche verkauft, könne der Eigentümer im Rahmen des B-Plans über die Nutzung entscheiden. Und spätestens nach einem Weiterverkauf habe die Stadt überhaupt keine Handhabe mehr. Auch bei einem emissionsarmen Gewerbegebiet müsse der Dragoneranger erschlossen, die Straße verbreitert und viel Fläche allein für die Verkehre (Kreisverkehr) versiegelt werden.
Die anwesenden BI-Mitglieder nutzen das ihnen zugesprochene Rederecht und verliehen ihren Standpunkten und Forderungen mit eindringlichen Redebeiträgen nochmals Nachdruck (siehe auch PM vom 06.10.2021).
Zusammenfassung:
- Der Dragoneranger ist zunächst weiterhin als Gewerbe- und Industriegebiet ausgewiesen.
- Die CDU wünscht sich eine „grüne Gewerbeecke“ und eine gute Zuwegung zur Leine.
- Die GRÜNEN möchten den Dragoneranger wieder ins Landschaftsschutzgebiet aufnehmen.
- Die GRÜNEN und die SPD wollen eine Bürgerbeteiligung, um die zukünftige Nutzung zu erörtern.
- Begriffe wie Agro-Photovoltaik (APV) und Photovoltaik (PV) werden nicht sauber getrennt, schweben aber im Raum.
- Die Verwaltung hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht und muss nachbessern.
Die Fortsetzung der Debatte folgt spätestens mit einer neu ausgearbeiteten Verwaltungsvorlage ab November, wenn sich Rat und Ausschüsse konstituiert haben.
Es gilt weiterhin: Acker statt Beton!
Die HNA berichtete einige Tage später über die Debatte: Keine Bürgerbeteiligung für Weender Dragoneranger, weil Ressourcen fehlen (14.10.2021)